Blickpunkt
von Felix Reiser
Ritter adieu!
Viele Jahre war die Pilsstube Ritter am Albplatz ein Treffpunkt für Jung und Alt in Degerloch. Diese Zeiten sind nun endgültig vorbei.
Viel wurde in den letzten Monaten gefragt, gesagt und diskutiert. Ob frühere Stammgäste oder jene, die nach der späten Heimkehr aus dem Städtle noch kurz auf einen Absacker in der Pilsstube Ritter vorbeigeschaut haben – sie alle interessieren sich für die Zukunft der Kneipe, die seit Mai vergangenen Jahres den Zapfhahn abgedreht hat.
Inzwischen ist der Ritter endgültig Geschichte. Vorbei sind die Zeiten, als hier getratscht, getrunken, gegessen, gesungen, gelacht, gequalmt, getanzt, aber auch musiziert und travestiert wurde. Oft bis in den frühen Morgen, weil immer noch einer den Standardspruch auf Lager hatte, „aber gell, eins geht noch“. Und war dieses Eine halb leer, meinte der Nächste, „der hat ja noch halb voll, dann geht bestimmt noch eins“. Die Geduld der Betreiber wurde oft auf harte Proben gestellt.
Die Pilsstube Ritter ist seit fast einem Jahr Geschichte, als ein weiterer Wasserschaden den Betrieb endgültig unmöglich machte. Wer wie Schuld ist, und wer welchen Schaden zu begleichen hat, darüber wurde zwischen dem letzten Wirt Rüdiger „Rü“ Spahr, der Fondis Property GmbH in Karlsruhe als Hauseigentümer und der Brauerei Dinkelacker als Hauptpächter heftig diskutiert und gestritten. Spahr und die Brauerei haben sich endgültig von der kleinen Kneipe am Albplatz verabschiedet, die für viele das zweite Wohnzimmer war. Theke, Tische und Sitzbänke wurden bereits rausgeräumt.
„Es ist richtig, dass unsere Brauerei das Pachtverhältnis mit dem Hauseigentümer beendet und das Objekt zurückgegeben hat. Die Gründe waren letztendlich wirtschaftlicher Natur. Weder für den Betreiber noch für die Brauerei hat das Objekt in der aktuellen Konstellation wirklich Sinn gemacht“, sagt Til Odenwald, Verkaufsdirektor bei Dinkelacker. Das bestätigt auch Spahr, der betont, „dass wir im Ritter sehr viele Probleme hatten“. Wie es weitergeht, weiß weder er noch die Brauerei.
Wissen kann es eigentlich nur der Hauseigentümer, und der sagt was er immer sagt – nichts! „Wir werden Ihnen eine Veröffentlichung nicht genehmigen“, lautete die lapidare Antwort des zuständigen Mitarbeiters aus dem Hause Fondis auf unsere Anfrage. Öffentlichkeitsarbeit scheint bei dem Karlsruher Unternehmen ein Fremdwort zu sein. Gestritten wird unter den Beteiligten weiterhin, aber das ist Sache der Anwälte.
Im Juli 2006 übernahmen Bruno und Sabine Hermle das Lokal von Meinrad „Archie“ Breit und seiner Frau Herta. Ziemlich genau zehn Jahre führten Hermles den „Ritter“ und machten in dieser Zeit Livemusik im Ortszentrum von Degerloch salonfähig. Unvergesslich die Abende, als der Stuttgarter Ausnahme-Gitarrist Peter Schick mit seinen Formationen „Soulshapes“ und „Los crazy Locos“ die bis auf den letzten Quadratmeter gefüllte Kneipe mit den großen Hits der alten Tage zum Kochen brachte. Nachfolger „Rü“ ließ die stark nachgefragte Livemusik weiterspielen, bis der Ritter schließlich unterging. Damit fehlt in der eh etwas eingeschränkten Degerlocher Gastrovielfalt ein wichtiger Anker.
„Wir vermissen den Ritter sehr, denn wir haben uns zwischen den Degerlocher Stammgästen sehr wohlgefühlt. Hier hat man vom Normalo über Politiker und lokalen Größen jeden mal getroffen“, sagen beispielsweise Sabine und Frank Althoff. Sehr emotional sind die Erinnerungen von Dieter O. Schmid: „In der schweren Zeit nach dem Verlust meiner Frau wurde mir der Ritter bei Hermles zur liebenswerten Kneipe und erweitertem Wohnzimmer. In vielen guten Gesprächen mit Freunden und interessanten Leuten floss mir dabei die Traurigkeit mehr und mehr aus der Seele.“ Dass die früheren Stammgäste „ihren“ Ritter sehr vermissen, versteht sich von selbst. Dass keiner weiß, was kommt, macht das Ende noch etwas trauriger.
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