Blickpunkt
von Stephan Hutt
Im Schatten des Fernsehturms
Ob Sport, Projektentwicklung, Verkehrsführung, Baumaßnahmen oder Gastronomie: Im Mittelpunkt des Jahres 2011 stand in Degerloch das Sport- und Freizeitgebiet Waldau.Fast hätten die Stuttgarter Kickers im Sommer das geschafft, wovon ihre Fans schon lange träumen: den Aufstieg in die dritte Liga. Im Gazi-Stadion auf der Waldau war es ausgerechnet die zweite Mannschaft des Karlsruher SC, die den Blauen vor heimischem Publikum den lang ersehnten Triumph vermasselte.
Dass viele Fans zukünftig, den über Monate erstellten, kostenintensiven Radweg entlang der Jahnstraße Richtung Sportgebiet Waldau nutzen werden, glauben allenfalls Radenthusiasten, die am liebsten jede Hauptverkehrstraße mit einer Radspur kombinieren würden. Die mit dem Bau verbundenen Sperrungen und alternativen Verkehrsführungen durch das Wohngebiet haben so manchem Anwohner nicht nur den Schlaf geraubt, sondern auch den begehrten Parkplatz.
Die Entwicklung des Sport- und Freitzeitgebietes Waldau im Schatten des Fernsehturms beschäftigte den Bezirksbeirat sowie Gemeinderat und verschiedene Planungsgruppen. Sie alle vergessen bei ihren Bemühungen um eine Neuordnung des Naherholungsgebietes, dass manche Vereine am Hungertuch nagen – was Finanzen, Mitgliederzahl, marode Anlagen und die Bereitschaft zum Ehrenamt betrifft. Grundlage einer Neuordnung der Waldau mit den entsprechenden baulichen Maßnahmen hätten in erster Linie Fusions- und Kooperationsgespräche zwischen der Stadt und den betroffenen Vereinen sein müssen. Diese haben aber kurioserweise nicht stattgefunden.
Die Sanierung und Neueröffnung des ehemaligen Waldau-Eislaufzentrums unter dem Namen "Eiswelt Stuttgart" sowie der gelungene Ausbau des "Waldhotel Stuttgart" sind Highlights für das Sport- und Freizeitgebiet, die allerdings mit der erwähnten Problematik nichts zu tun haben. Was Übernachtungen betrifft, ist Degerloch mit Ausnahme des Hotels Waldhorn im Ortszentrum seit Langem zum Niemandsland verdammt. Das neueröffnete Viersterne-Hotel im Guths-Muths-Weg mit über 90 Zimmern gibt Hoffnung, dass zukünftig wieder mehr auswärtige Gäste in Degerloch Station machen.
Auch in der Gastronomie wurden auf der Waldau neue Akzente gesetzt. Alex Deißler und Leif Urtel, ehemalige Macher des Clubs "Bravo Charlie" in der Stadtmitte, haben sich nicht gescheut, die herausforderungsvolle Aufgabe im Fernsehturm mit Biergarten, Boden-Restaurant und Turm-Café in Angriff zu nehmen. Großgastronomen wie Kickers-Wirt Gustl Rörich hatten nach reiflichen Überlegungen Abstand von dem problematischen Turmprojekt genommen. Die neuen Wirte, die mit reichlicher Verspätung ihre Neueröffung feierten, müssen sich allerdings erst noch beweisen.
Dasselbe trifft auf die Bewirtschaftung des ehemaligen Waldau-Kioskes Ecke Königsträßle und Jahnstraße zu. Die Idee des tus Stuttgart, das in die Jahre gekommene Mini-Gebäude mit bewegter Geschichte nach der Sanierung neuen Zielgruppen zugänglich zu machen, ist durchaus lobenswert. Aber wie bei den Kickers, im Waldhotel oder am Fernsehturm – der Durchbruch lässt noch auf sich warten.
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