Blickpunkt
von Felix Reiser
Ein Ort der Geschichte
Es ist ein ganz besonderes Gebäude an einem ganz speziellen Ort - das Garnisonsschützenhaus am Dornhaldenfriedhof. Ein für das Projekt gegründeter Verein engagiert sich für die Zukunft des geschichtsträchtigen Degerlocher Gebäudes.Kinder, die in den 50er Jahren am Haigst aufwuchsen, erinnern sich noch heute an den Lärm aus der Dornhalde. Dabei handelte es sich nicht um das Lokal im Garnisonsschützenhaus, sondern um die Schießübungen auf den gegenüberliegenden Bahnen. "Die Schüsse hörte man bis zur Haigstkirche", sagt zum Beispiel Joachim Doster. Erinnerungen hat auch Achim Hutt an jene Zeiten: "In den 50er Jahren haben wir uns oft am Schießplatz rumgetrieben und Patronenhülsen gesammelt. Das waren Kinder-Abenteuer, die heute so nicht mehr vorstellbar sind, die uns aber ohne dauernde Einmischung der Eltern unvergessliche Erinnerungen beschert haben."
Am Haigst, und somit in unmittelbarer Nähe des historischen Hauses, lebt Reinhard Schmidhäuser, 1. Vorsitzender des im Oktober 2016 gegründeten Vereins "Garnisonsschützenhaus - Raum für Stille". Er engagiert sich mit seinen Mitstreitern dafür, dass das ruhige Erholungsgebiet erhalten bleibt und zusammen mit dem Dornhaldenfriedhof, wo früher der Schießplatz war, als Park aufgewertet wird. "Wir sind mit möglichen und tatsächlichen Partnern im Gespräch, um den Betrieb des Garnisonsschützenhauses auf mehrere Beine zu stellen. Als Verein vertreten wir vor allem zwei Ziele: Die denkmalgerechte Erhaltung des städtischen Gebäudes und den öffentlichen Zugang. Einen Biergarten können wir nicht einrichten, aber ein Café als Ort zum Verweilen wollen wir schon hinbekommen", sagt Schmidhäuser. Um diese Ziele zu erreichen, wird allerdings eine Mehrheit im Gemeinderat der Stadt benötigt.
Garnisonsschützenhaus mit der Gaststätte "Schießbahn", Schießplatz, Pulverhaus, Wachhaus: Das damalige Ensemble in der Dornhalde trägt eine interessante Geschichte in sich, über die man ein ganzes Buch verfassen könnte. Im Jahr 1893 entstand in der Blüte der Militärzeit das Garnisonsschützenhaus, das die Macht und das Vermögen der Garnison ausdrücken sollte. Im Erdgeschoss befand sich eine Kantine für die Soldaten, die von 1948 bis 1962 von der Familie Mayer als Gaststätte "Schießbahn" weitergeführt wurde.
Bereits 1869 entstand der Schießplatz mit Unterkunftsräumen und fünf Bahnen auf einer Länge von 400 Metern. Genutzt wurde er zunächst vom 1. Württembergischen Grenadierregiment, später von Polizeitruppen und nach dem Zweiten Weltkrieg von den Amerikanern. Ab 1955 nahm dann die neugegründete Bundeswehr den Platz in Anspruch. Mit dem Bau des Dornhaldenfriedhofs im Jahr 1974 war das Ende des Schießplatzes besiegelt. 1879 wurde das Pulverhaus fertiggestellt, in dem Schießpulver und Patronen lagerten, das aber inzwischen ebenfalls der Vergangenheit angehört. Um die Kontrolle darüber nicht zu verlieren, brauchte es noch ein Wachhaus, das 1880 für das Bewachungspersonal gebaut und bis in die 20er Jahre genutzt wurde. Seit 1974 ist das Gebäude im Besitz der Stadt und wurde eine Zeit lang privat vermietet.
Für den Erhalt des Garnisonsschützenhauses und des Wachhauses lohnt es sich zu kämpfen. Geschichtsträchtige Gebäude wie diese, umgeben von Natur und einem Friedhof, ergeben ein ganz besonderes Ensemble, geprägt von Ruhe und geeignet als Ort zum Verweilen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Stadt Stuttgart die Zielsetzung des Vereins "Garnisonsschützenhaus - Raum der Stille" würdigt und das Haus für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.
Stimmen aus Degerloch:
* Brigitte Kunath-Scheffold, Bezirksvorsteherin von Degerloch:
"Ich schätze den ehrenamtlichen Einsatz des Vereins zur Erhaltung und Weiternutzung des Garnisonsschützenhauses sehr. Was die Entscheidung für die Zukunft des Gebäudes betrifft, vertraue ich auf den Gemeinderat."
* Albert Raff, Degerlocher Ortshistoriker:
"Dass das Garnisonsschützenhaus erhalten werden muss, steht für mich außer Frage. In der Angelegenheit müsste die Stadt Stuttgart endlich Flagge zeigen und über ihren eigenen Schatten springen."
* Beate Schiener, Stadträtin Die Grünen:
"Ich bin gegen einen Verkauf an Privatpersonen. Die Stadt sollte das Gebäude dem Verein 'Garnisonsschützenhaus - Raum für Stille' zuführen, damit es der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Zur Finanzierung könnte die von der Stadt verwaltete Stiftung für erhaltenswerte Gebäude beitragen."
* Maria Hackl, Stadträtin SPD:
"Ich stehe dem Verein sehr wohlwollend gegenüber. Das Projekt ist aber aufgrund von Denkmalschutz, Landschaftsschutz und Finanzierung hochkomplex. Es gilt, dies mit einem stimmigen Nutzungskonzept in Einklang zu bringen. Auf jeden Fall ist es das Garnisonsschützenhaus wert, dass es erhalten wird."
* Joachim Rudolf, Stadtrat CDU:
"Ich habe große Wertschätzung für den Verein und seine Initiative und Bemühungen. Ich sehe aber bei der Zielsetzung Probleme aufgrund der Tatsache, dass das Garnisonsschützenhaus verkehrstechnisch nicht angebunden ist."
Kommentare
Kommentar von Eva Kaaden |
Zu dem Ortsgespräch "Ein Ort der Geschichte" - vom 16.6.2017
Verkehrstechnisch nicht angebunden???
Seilbahn und Zacke!! Verbunden jeweils mit einem schönen Waldspaziergang ...
Eva Kaaden
Kommentar von Rolf Zimmermann |
Zu dem Ortsgespräch "Ein Ort der Geschichte" - vom 16.6.2017
Wieso muss alles verkehrstechnisch angebunden sein? Man kann mit dem Auto auf dem Parkplatz des Dornhaldenfriedhofs halten und hat noch ein paar Schritte zum Haus. Alles muss nicht verkehrstechnisch erreicht werden!
Rolf Zimmermann
Kommentar von Reinhard Schmidhäuser |
Zu dem Ortsgespräch "Ein Ort der Geschichte" - vom 16.6.2017
Es ist zwar der Plan, dass man diesen schönen Ort in der Natur möglichst zu Fuß erreichen soll (15 Minuten von Degerloch), aber auch am Waldfriedhof gibt es viele ungenutzte Parkplätze.
Reinhard Schmidhäuser
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