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Wer, wenn nicht er?
Ich sitze über dem Sportteil der „Stuttgarter Nachrichten” und höre mit einem Ohr Radio – „SWR Leute”. Das beste, was der SWR jemals auf Sendung gebracht hat. Wolfgang Heim ist heute wieder dran und irgendwann fällt der Name Veiel. Veiel? Da war doch mal was. Es muss über 15 Jahre her sein, als wir für die Lokal-Blätter „Degerloch Journal” und „Möhringen Aktuell” eine Geschichte über einen ehemaligen Schüler des Wilhelms-Gymnasiums verfassten, der mit dem Film „Die Überlebenden” Schlagzeilen machte. Es war einer der ersten Dokumentarfilme von Andres Veiel und wahrscheinlich sein persönlichster. Er behandelt das Schicksal von drei ehemaligen Klassenkameraden an der Degerlocher Schule, die nach dem Abitur Selbstmord begingen.
Veiel ist kein Filmemacher, der die Sensationen sucht und aufbläst. Er begibt sich auf Spurensuche, um der Wahrheit näher zu kommen, ohne den Anspruch , zu erheben, sie gefunden zu haben. Das war auch bei späteren Filmen der Fall, zum Beispiel bei „Black Box BRD”. Ein Film der Kontraste, der die Biografien von Alfred Herrhausen, ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank, und dem RAF-Terroristen Wolfgang Grams gegenüberstellt. Oder in dem letzten Film „Wer, wenn , nicht wir”, wo sich Veiel der Vorgeschichte der RAF und dem Weg von Gudrun Ensslin in den Terrorismus annimmt. Hierbei geht es nicht nur um Politik und Militarisierung, sondern auch um sexuelle Beziehungen.
Natürlich sprach Veiel bei „SWR Leute” auch über sein neuestes Werk – das Theaterstück „Himbeerreich”. Hierbei blickt der Ex-WG-Absolvent, der früher in Möhringen lebte, hinter die Fassaden der großen Bank-Unternehmen. Einige Ex-Topmanager und Investmentbanker haben sich anonym gegenüber dem Regisseur geäußert und Einblicke in das abartige Gebahren der Finanzwelt ermöglicht.
Wer, wenn nicht er? Andres Veiel hat sich Schritt für Schritt zu einem bedeutenden und vielfach ausgezeichneten Film- und Theaterregisseur entwickelt und die deutsche Dokumentarfilmszene enorm bereichert. Abzusehen war das nicht, als er noch der Jungen Union angehörte. Oder als er sich als langhaariger Jugendlicher in der Filderbahnstraße in Möhringen den Spruch eines Passanten – „Hitler hat wohl vergessen, dich zu vergasen” – anhören musste. Aber vielleicht waren die beiden Erlebnisse für seine berufliche Entwicklung ja nicht ganz unbedeutend. ,
So gesehen
Ihr Zackowski
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