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Rede des Waisen Gänserates
Rede des Waisen Gänserates
Von Martha Bajass
Sehr verehrtes Bürgertum
aus Degerloch und Drumherum.
Gestatten, wir sind der Gänserat,
der wurde jüngst gewählt,
damit er was zu sagen hat,
und drei sind wir gezählt.
Ich bin Martin, so heiße ich,
Martina in der Mitte,
noch ein Martin, der Ganterich,
das ist bei uns so Sitte.
Den Hintergrund zuvor jedoch:
Von Anbeginn der Jugend
leben wir in Degerloch
in Anstand und in Tugend.
Wir sehen die Sonne und den Mond
und werden wohl genährt,
bestes Futter sind wir gewohnt,
und das hat sich bewährt.
Ihr Menschen kommt und schaut uns an,
so weiß und prall sind wir,
an jeder Keule ist was dran
bei allen Gänsen hier.
Und jede Gans hat sich gedacht:
Sind wir erst gut gediehen,
haben die Jugend hier verbracht,
lässt uns man wieder ziehen.
Doch jemand tat die Wahrheit kund
und hat sie uns verraten,
es war ein Whistleblowerhund:
Am Ende wird gebraten!
Daraufhin gab es Tumult,
es wurd' uns alles klar:
Dieser ganze Gänsekult
ist für die Menschen da!
Zuweilen nennt ihr uns ja dumm,
das ist nicht sehr sympathisch,
wir nehmen das auch ein bisschen krumm,
doch denken wir pragmatisch.
Das Gänsevolk verkünden lässt:
Müssen wir schon verrecken,
weil das so euer Brauchtum ist,
wollen wir zumindest schmecken!
Die Federn alle ausgerupft,
den Bauch macht gründlich leer,
die Haut mit Salzwasser betupft
und dann die Füllung her.
Äpfel, Zwiebel, Majoran
oder auch Sauerkraut,
doch stopfet nicht zu viel heran,
es platzt vielleicht die Haut.
Und wenn ihr zu gegebener Zeit
uns festlich habt serviert,
genießt uns dann mit Heiterkeit
und völlig ungeniert!
Wir nehmen unser Schicksal hin,
ihr habt ein gut’s Gewissen,
so macht das Gänseleben Sinn,
genießet jeden Bissen!
Wenn jemals Gänse Menschen essen
nach tausenden Epochen,
machen wir es – nicht vergessen –
ebenso. Versprochen.
Danke, liebes Publikum,
aus Degerloch und Drumherum.